Ausländischer Broker und deutsches Steuerreporting

Jürgen Koch
Trade.report
Published in
5 min readJul 23, 2023

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Aus gegebenem Anlass wird es mal wieder Zeit, einen Post zu veröffentlichen.

Nachdem eToro diese Woche (KW29) wohl an einige Trader die Nachricht sendete, dass im vorliegenden Steuerreport möglicherweise Fehler vorliegen, was sich zumindest in meinem und im Fall mindestens eines unserer Kunden bewahrheitet hat, haben wir uns natürlich direkt an die Arbeit gemacht und die Unterschiede in den Berechnungen gesucht.
Hierbei stießen wir dann bei einem Kunden auf einen ausgewiesenen Profit, der so einfach nicht stimmen kann.

Da wir unseren Report immer wieder mit dem von eToro vergleichen, was bisher immer ziemlich deckungsgleich ausfiel, ist uns jetzt aufgefallen, dass bei CFDs und bei mehreren Stichproben bei Nicht-US-Aktien folgender Gesetzestext scheinbar nicht vollständig beachtet wird.

Laut §20 Abs. 4 Satz 1 EStG (nach dem Semikolon) heißt es

“Gewinn im Sinne des Absatzes 2 ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten; bei nicht in Euro getätigten Geschäften sind die Einnahmen im Zeitpunkt der Veräußerung und die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen.”

eToro berechnet bei CFDs nach dem ersten Teil des oben genanntem Grundsatzes wohl den Profit von der Basiswährung eines Trades in USD, um dann aber (zumindest bei mehreren Stichproben) einfach vom in USD ausgewiesenen Profit zum Schließungstag u. -kurs in EUR umzurechnen.

Der zweite Teil wird scheinbar gar nicht erst beachtet.
Denn liest man, wie nach Gesetz der Gewinn definiert wird, dann sollte klar sein, dass Rollover Fees zu den Aufwendungen im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Trade gehören und diese über die gesamte Laufzeit des Trades direkt mit dem Kursgewinn/-verlust verrechnet werden sollten.
Im Steuerbericht von eToro werden die Rollover Fees bei der Gewinnermittlung nicht auf diese Weise verrechnet, sondern lediglich die Rollover Fees, die im laufenden Jahr der Schließung des Trades entstanden, als Verluste aus Termingeschäften zusätzlich ausgewiesen.

Richtig ist aber sowohl den Eröffnungs- als auch Schließungskurs in Euro umzurechnen, die Differenz mit den gehandelten Einheiten zu multiplizieren und angefallene Rollover Fees direkt in Abzug zu bringen.
Analog sollten Erstattungen aus Rollover Fees entsprechend aufgerechnet werden.

Natürlich kann so ein ursprünglicher Gewinntrade durch den veränderten Wechselkurs von USD zu EUR zum Verlusttrade werden und umgekehrt.

Wie sich das für einen Kunden darstellen kann, sieht man in folgendem Bild:

Unter Eröffnungs- und Schließungspreis sind die Wechselkurse der EZB angegeben und darunter der resultierende Börsenkurs in EUR.
Wie man leicht erkennen kann, ist hier der Kurs für Gold in USD zwar gestiegen, in EUR aber deutlich gefallen.

Es ist ein umgekehrtes Profitverhältnis entstanden, was bei der Short-Position oben also einen deutlichen Gewinn entstanden ließ.

Bei Short-Positionen kann man wie folgt rechnen:
(Schließungspreis — Eröffnungspreis) x (-1) x Einheiten
oder
(Eröffnungspreis — Schließunspreis) x Einheiten

Fazit daraus ist, dass Steuerreporte von eToro und Trade.report deutliche Unterschiede aufweisen können. Siehe z.B. weiter unten bei “Und noch eine Herausforderung”.

Wie gehen wir damit um?

Nachdem wir bis dato nur ausgehend von den ausgewiesenen USD-Beträgen rechneten, hier zwar wenigstens die unterschiedlichen Wechselkurse bei Öffnung und Schließung beachteten, aber dennoch durch die von eToro ausgewiesenen Profite in USD Differenzen mit einberechneten, haben wir uns entschlossen, die Berechnung zukünftig direkt von der jeweiligen Basiswährung in EUR umzurechnen.
Das ist für zwar ein gewaltiger Kraftakt, aber wir wollen nicht nur immer besser werden, sondern auch einen gesetzmäßig höchstmöglich korrekten und nachvollziehbaren Steuerreport abliefern.

Was bedeutet das für unsere Kunden?

Da wir hauptsächlich Portfolios von Tradern auswerten, denen von eToro aufgrund des Volumens kein Steuerbericht zugestanden wird und sich die Abweichungen hierbei in der Regel in Grenzen halten, möchten wir darauf hinweisen, dass sich durch die geänderte, aber vollkommen an den Gesetzestext gehaltene Berechnung andere Beträge für die vergangenen Jahre ergeben können.
Das hängt allerdings auch von den gehandelten Assets und der gefahrenen Strategie ab.
Ja, man kann jetzt meckern, dass hier auf einmal Steuerreporte nicht 100% korrekt sein können.
Fakt ist aber auch, dass selbst international agierenden Unternehmen der Steuerberaterbranche Fehler unterlaufen.
Genauso, wie eToro seit Jahren immer wieder die Kontoauszüge Änderungen unterwirft und so einen 100%tigen Steuerreport nahezu unmöglich macht.
Gleichwohl stehen wir natürlich bei Rückfragen durch Finanzämter, Steuerkanzleien oder sonstige in eure Steuererklärung involvierte Personen weiterhin mit Rat und Tat zur Seite.

Und noch eine Herausforderung

Im Zuge der Erstellung des Steuerreports für besagten Kunden ist auch noch Folgendes aufgetaucht:

Der Vorgang:
Der Kunde hat einen Trade mit Verlust geschlossen.
Daraufhin erstattet eToro dem Kunden den Verlust in USD, was an der Zuweisung der gezahlten “Bereinigung” zur Positions-ID des Trades ersichtlich ist.
Da die Bereinigung erst rund 3 Wochen nach der Schließung des Trades erfolgt, ist der erstattete Betrag in EUR natürlich nicht gleich dem Verlust zum Schließungstag.
Rein buchungsmäßig sollte man sagen können, dass ein Verlust durch den Trade und ein Gewinn durch die Bereinigung (Erstattung) entstanden ist.

Wie gibt man das jetzt aber bei der Steuer an?

Unserer Meinung nach ist sowohl der Verlust aus dem Trade, als auch der Gewinn aus der Bereinigung anzugeben, was, wie im Bild ausgewiesen,
-91 € inländische Kapitalerträge ergeben würde.
eToro weißt hier dem Kunden aber nur den Verlust aus dem Trade aus.
Wir bezweifeln die Korrektheit dieser Angabe, da der Kunde steuerlich einen Verlust geltend macht, den er im Grunde durch die Erstattung gar nicht hatte. Die Bereinigung taucht im Steuerreport übrigens nirgends auf.
Ist das, wenn es auffällt, schon Steuerbetrug?

Und was jetzt weiter?

Da keiner vor Fehlern gefeit ist, werden wir natürlich weiterhin prüfen, prüfen, prüfen. Anhand unserer eigenen Kontoauszüge, als auch der Kontoauszüge, die uns von Anwendern unserer Software über die Website verschlüsselt zur Analyse zur Verfügung gestellt werden.

Wir holen auch immer wieder die Meinung von Fachkräften über Gestaltungsmöglichkeiten, bzw. Machbares ein.
Leider ist es aber auch so, dass es selbst unter Steuerfachkräften immer mehrere Meinungen gibt. Und so bleibt uns letztendlich nur, das nach Informationsauswertung “unserer Meinung nach” Beste umzusetzen.
Wir sind schließlich ebenfalls Trader auf eToro und wollen auch kein Geld an den Staat verschenken.

Gerade weil wir es hier mit einem ausländischen Broker zu tun haben, sind uns neben der höchstmöglichen Gesetzkonformität die leichte Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Berechnungen das Wichtigste. Im Falle von Nachfragen oder im schlimmsten Fall einer Ablehnung durch Finanzbehörden soll das für eine zügige Klärung sorgen.

Man darf nicht vergessen, dass auch Streitigkeiten mit Finanzämtern Steuergelder kosten.

Wie auch eToro müssen wir hier um Entschuldigung für eventuelle Unannehmlichkeiten und ihr Verständnis um die Komplexität der Sache bitten und wünschen weiterhin viel Erfolg beim Trading.

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